AKTUELL: Großplastik „Sisyphos – große akademische Untersuchung des Herrn Sisyphos anhand 43 Fragmenten in relativem Verhältnis zum Universum“

Ab dem 30. November 2023

Rittersaal | Museum Alte Kulturen, Schloss Hohentübingen

Öffnungszeiten: Mi bis So, 10 bis 17 Uhr | Do, 10 bis 19 Uhr
An Feiertagen ist das Museum in der Regel wie an Sonntagen geöffnet.

Besucherinformationen des Museums

Ausstellungskatalog downloaden


Antiker Kanon im Dialog mit zeitgenössischer Bildhauerei und neuster Technik

Die ‚heimliche‘ Zustellung des Sisyphos Gipsabgusses des Künstlers Matthias Kunisch in die Dauerausstellung der Sammlung für klassische Archäologie ist der physische Ausgangspunkt eines großangelegten Werkkonzeptes, das neben der ausgestellten Plastik monumentale Fragmente und eine aufwändige virtuelle Erlebniswelt beinhaltet, in der Besucher:innen das Werk und seine Einzelteile aus einer völlig neuen Perspektive erkunden können.

Die Beschäftigung mit Sisyphos begleitet Matthias Kunisch seit den 80er Jahren, in denen die ersten Modelle entstanden. In immer wiederkehrenden Anläufen entstanden einzelne Elemente, Konzeptionen und Modelle der Arbeit. In der dem Guss zugrunde liegenden zentralen zunächst in Ton und Stahl gearbeiteten Figur treibt Kunisch die Mimikry erfolgreich in Form und Materialität auf die Spitze: Während der hellenistische Sisyphos seinesgleichen im Antiken Kanon sucht – das Motiv des „ewig scheiternden Optimisten“ wurde in der klassischen Bildhauerei äußerst selten realisiert (siehe hierzu den Katalogbeitrag von Herrn. Prof. Dr. A. Heinemann) – bleibt die Frage, ob Sisyphos den Stein erfolgreich anschiebt, daran zerbricht oder den göttlichen Wettkampf sogar genießt, in der Darstellung unbeantwortet: Sisyphos berührt den Stein eben gerade so, sachte, fast zärtlich, während sein ganzer monumentaler Körper vor Anspannung bebt.

Matthias Kunisch konzipierte eine Monumentalplastik, die eine neue Diskussion über eine jahrzehntelang gemiedene bildhauerische Sprache anregt. Was bedeutet monumentale Kunst heute?

Die überlebensgroße Plastik ist das Anschauungsmodell und der Ausgangspunkt einer
gedachten Monumentalplastik, deren einzelne Fragmente (beispielsweise ein Fuß, die
Lenden etc.) etwa 3m messen. Im virtuellen Ausstellungsraum können die Figur und einzelne Fragmente in seiner ganzen Dreidimensionalität erkundet werden.

Die ca. 12m hohe und 30m lange Monumentalplastik wird zu keinem Zeitpunkt physisch als Ganzes existieren. Die einzelnen Fragmente dagegen, können als digitale Kunstobjekte (NFTs) oder als materialisierte, reale Objekte erworben werden. Dadurch entstehen ganz individuelle Sisyphos-Werkteile, denn die Käufer:innen erhalten die Kontrolle über die Form, Haptik und Gestalt des Werkes, indem das Fragment und Zielmaterial der Materialisierung individuell festgelegt wird. Aber Matthias Kunisch geht noch weiter: Mit dem Erwerb eines digitalen Fragments, erlangen Besitzer:innen auch Kontrolle über die 3D Datei selbst und werden somit dazu eingeladen dieselbe weiter zu verwenden, zu inszenieren – zu reproduzieren?

Der digitale Sisyphos wird förmlich zum Ausgangspunkt seiner absoluten Vervielfältigung, seiner globalen Mobilisierung, seiner Demokratisierung, wenn man so möchte.